Der Präsident der Ingenieurkammer Niedersachsen, Martin Betzler, hat eindringlich vor negativen Veränderungen durch das geplante Vergabebeschleunigungsgesetz gewarnt. Derzeit prallten die Interessen von Mittelstand und Großanbietern aufeinander. Beim Vergabetag in Hannover sagte Betzler am Donnerstag vor rund 200 Teilnehmern: „Wenn bei Vergaben nur noch wenige große Anbieter antreten, gibt es keinen vernünftigen Wettbewerb mehr, und es wird für alle teuer.“ Deshalb brauche es weiterhin „händelbare Vergabepakete“ und keine Gesamtvergabe.
Der Mittelstand sei das Rückgrat der deutschen Planungs- und Bauwirtschaft, betonte Betzler. „90 Prozent aller Planungsbüros haben weniger als 50 Mitarbeiter. Bei den Bauunternehmen ist es genauso“, erklärte Betzler. Diese Betriebe bildeten aus, zahlten Steuern, seien innovativ und – vor allem – blieben vor Ort.
Warnung vor einem schleichenden Konzentrationsprozess
Zugleich warnte Betzler vor einem schleichenden Konzentrationsprozess. Er betreffe nicht nur Ingenieur- und Architekturbüros, sondern auch Praxen, Apotheken und andere freie Berufe. Die Folgen seien besonders in einem Flächenland wie Niedersachsen spürbar. „Die Gefahr ist, dass die Kleinen verschwinden und damit die Kompetenz vor Ort auch verschwindet.“ Damit drohten Regionen „leer auszugehen, weil sie keine Planer mehr haben“. Deshalb gelte es, die freien Berufe gezielt zu stärken – gerade außerhalb der großen Städte.
Die Gefahr ist, dass die Kleinen verschwinden und damit die Kompetenz vor Ort auch verschwindet.
Martin Betzler
Zuvor hatte Wirtschaftsminister Grant Hendrik Tonne in einer Videobotschaft dafür plädiert, Vergabeverfahren immer weiterzuentwickeln. Dabei müsse auch die Zusammenarbeit zwischen Verwaltung, Planung und Recht weiter intensiviert werden. Der Vergabetag wird von den niedersächsischen Architekten- und Ingenieurkammern organisiert und findet an diesem Donnerstag im Gebäude der IHK Hannover statt.