Cord-Heinrich Heitzhausen redet Klartext. „Es brennt mir ja schon unter den Nägeln“, sagt er gleich zu Beginn seines Wortbeitags bei einer Podiumsdiskussion. Beim Branchentag des Landesverbands Erneuerbare Energien in Hannover macht Heitzhausen deutlich, wie groß der Handlungsdruck in der Bioenergie ist. Während im Bereich Solar und Wind vieles funktioniere, sei seine Branche „gerade an einem Scheideweg“.
Seit Jahren wurde in Biogasanlagen investiert – mit Subventionen, mit langem Atem, mit dem Wissen, dass diese Anlagen flexibel Strom, Wärme und erneuerbare Moleküle liefern können. Und jetzt?
„Es ist fünf nach zwölf. Sie sind im Begriff, demontiert zu werden“ , warnt Heitzhausen. Kollegen würden ihre Anlagen verkaufen oder abschalten: „Wir machen die jetzt aus.“ Das Tragische: Diese Infrastruktur steht funktionstüchtig bereit. Aber: Es fehlen die Rahmenbedingungen, moniert Heitzhausen, der LEE-Vorstandsmitglied und zugleich Geschäftsführer sowie Gesellschafter der HKL-Gruppe ist. Deren Geschäftsfeld: Biogas.
Biogas als „Kit der Energiewende“
Heitzhausen beschreibt Biogas als das Bindemittel zwischen Strom- und Molekülwelt: „Kit hält auf der einen Seite zusammen, Kit ist aber auch sehr formbar und flexibel. Und das ist eigentlich das, was uns ausmacht.“
Die Branche könne Rohstoffe flexibilisieren, Anwendungen umstellen, Lücken füllen – vor allem dort, wo Wind und Solar an Grenzen stoßen. Auch im Schwerlastverkehr liege ein sofort nutzbares Potenzial: „Wir als Biogasbranche können sofort LNG, CNG liefern“ – und das mit überschüssigem Windstrom sogar verdoppeln. Technisch sei das alles schon morgen machbar.
Heitzhausen erinnert an das Beispiel aus dem Nachbarland: Dort wird biogenes CO₂, also Kohlendioxid, das aus der Verbrennung oder Zersetzung von biologischen Materialien wie Holz, Pflanzen oder organischen Abfällen stammt, zu Biomethanol verarbeitet. „Das ist technisch kein Hexenwerk, das können wir hier auch.“
Doch in Deutschland bremsten kleine, aber entscheidende regulatorische Details – etwa die Treibhausgasminderungsquote und die dritte Revision der EU-Richtlinie über erneuerbare Energien in Europa (RED III). „Da warten wir jetzt schon zwei Jahre drauf. Auch das ist ein Martyrium.“
Selbst wenn Potenziale vor Ort gesehen werden, hapert die Umsetzung oft am Nadelöhr Gasnetz. „Wir erleben gerade, dass wir als Biogasbranche so ein bisschen abgewürgt werden, was das Thema Gasnetzzugang angeht.“ Die Verzögerungen dauerten teilweise über fünf Jahre – „und fünf Jahre - das ist ein neues Zeitalter, weil wir so dynamisch und schnell sind.“
Heitzhausen appelliert an Pragmatismus und Mut zu schnellen Lösungen: „Ich würde immer dafür werben, out of the box zu denken und etwas zu simplifizieren.“ Sein Fazit: Deutschland hat die Infrastruktur, die Technik und den Bedarf – was fehlt, ist der politische Rahmen, damit Biogas die Rolle spielen kann, die im System zwingend notwendig wird.