Die Bauwelt steckt fest. Komplexe Regeln, steigende Kosten und viele offene Fragen lassen Projekte scheitern, bevor sie beginnen. „Die Dilemmata bringen so viel Unruhe rein und so eine Ungewissheit. Und das bringt so insgesamt die ganze Branche durcheinander“, sagt die Professorin Elisabeth Endres von der Technischen Universität Braunschweig.
Sie sieht ein Grundproblem darin, dass wir viel über Vereinfachung sprechen, aber kaum ins Tun kommen: „Wir finden ständig Argumente, etwas nicht zu bauen.“
Endres wirbt seit Jahren dafür, das Bauen wieder einfacher zu machen – und damit bezahlbarer, schneller und ressourcenschonender. Genau dafür wurde der Gebäudetyp E geschaffen. Eigentlich eine gute Idee, aber die Bezeichnung hat ihre Tücken. „Die Leute haben den Eindruck, das ist ein schlechtes Gebäude“, erklärt Endres.
Sie erzählt von einem Projekt in Bayern: „Die Nachbarschaft will nicht, dass dieses ‚Barackenhaus‘ in ihre Nachbarschaft gebaut wird.“ Dabei seien die Gebäude keineswegs schlechter. Entscheidend sei, sie endlich zu bauen, damit Menschen sie erleben können: „Dann merkt man: Die Häuser sehen gut aus, und sie funktionieren auch gut.“
Ähnlich geht es ihr auch mit dem Begriff „Mindestschallschutz“. Denn hier denken viele, dass es da wohl etwas Besseres gibt, und das wollen man dann auch haben. „Vielleicht müssten wir einen besseren Begriff dafür finden“, meint Endres.
Generell sollten wir uns Endres zufolge aber vom reflexhaften „Mehr ist besser“ lösen.„Ich muss mich nicht rechtfertigen, wenn ich was weglasse“, sagt die Architektin. Moderne Häuser seien oft überfrachtet – technisch, energetisch, finanziell.
Was brauchen wir wirklich?
Die eigentliche Frage ist für Endres eine gesellschaftliche: „Was brauchen wir wirklich?“ Wohnflächen wachsen, obwohl die Energieeffizienz pro Quadratmeter steigt. Das führt dazu, dass wir beim Energieverbrauch in den Gebäuden in den vergangenen Jahr nicht richtig vorankommen – die Kurve sinkt nicht, wie sie sinken könnte. Endres nennt die Kurve „nicht besonders beeindruckend.“
Der Grund? Ein Rebound-Effekt, der eigentlich aus der Ökonomie kommt: Menschen nutzen Effizienzgewinne oft nicht zum Sparen, sondern für mehr Komfort. Wir erleben zwar mehr Effizienz pro Quadratmeter, aber die zugleich steigen die Quadratmeter pro Person.
Es geht eigentlich um uns, um unser Verhalten.
Elisabeth Endres
Zudem achten Menschen in besonders energieeffizienten Häuser häufig weniger stark auf ihren Energieverbrauch, laufen dann im Winter im T-Shirt statt im Pullover durchs Haus. Beide Faktoren zahlen auf dieselbe Erkenntnis ein: „Es geht eigentlich um uns, um unser Verhalten“, sagt Endres.
Ihr Ziel ist ein neues Einverständnis mit dem Bauen: unkomplizierter, günstiger, alltagstauglicher. Und mit mehr Vertrauen in das, was ausreichend ist.