In der Bremer Geschäftsstelle der Bauindustrie Niedersachsen-Bremen herrscht konzentrierte Energie. Rund zwanzig Frauen aus der Bauindustrie sind gekommen, um sich auszutauschen – offen, ehrlich, mit Bodenhaftung. Es ist ein Treffen des Frauennetzwerks des Verbands, das inzwischen rund 50 Teilnehmerinnen zählt. Ihr Ziel: sich gegenseitig stärken, Erfahrungen teilen und sichtbar machen, dass die Bauindustrie eine weibliche Zukunft hat.
„Wir brauchen es, weil es wichtig ist, dass wir Frauen uns vernetzen, dass wir in Kontakt kommen, voneinander lernen“, sagt Martina Haacke, Bereichsleiterin beim Bauunternehmen STRABAG.
Gast des Abends ist die Bremer Bausenatorin Özlem Ünsal. Sie sagt klar, worum es geht: „Bauen braucht eine weibliche Perspektive.“ Denn es gehe nicht nur um Architektur oder Infrastruktur, sondern um das Leben, das in Gebäuden, Straßen und Quartieren stattfindet.
„Man sieht heute schon, ob eine Stadt divers aufgestellt ist. Frauen bringen oft einen weiteren Blick mit – zum Beispiel auch auf sichere Wege.“
Wir brauchen es, weil es wichtig ist, dass wir Frauen uns vernetzen, dass wir in Kontakt kommen, voneinander lernen.
Martina Haacke
Ünsal betont, dass gerade in der Stadtentwicklung weibliche Stimmen unverzichtbar sind. „Wir bauen für alle – und das geht nur mit vielfältigen Teams“, sagt sie. In der Bremer Verwaltung liege der Frauenanteil im öffentlichen Dienst bereits bei über 50 Prozent. Doch die Baustellen draußen zeigen: Es gibt noch viel zu tun.
Das Gespräch im Netzwerk kreist immer wieder um die Frage, was Frauen im Bau anders machen – und warum das gut ist. Eine Teilnehmerin sagt: „Ich finde, Frauen haben einen offeneren und weiteren Blick.“ Eine andere ergänzt: „Wir sind lösungsorientiert – das ist auch typisch für unsere Branche.“
Lösungsorientiert und bodenständig – so empfinden die Teilnehmerinnen ihre Branche, und das macht sie auch stolz. „Der Bau ist ein Motor der Gesellschaft“, heißt es, und viele nicken.
„Wir sind keine Ausnahme – wir sind der Anfang“
Doch es geht auch um Strukturen. Netzwerke, sagen viele, seien bei Frauen noch zu selten gelebte Praxis. „Männer nutzen ihre Netzwerke selbstverständlich. Frauen müssen das noch lernen“, heißt es. Belin Benli, Juristin bei Meyer Bau, bringt es auf den Punkt: „Wir müssen frecher werden.“ Das Netzwerk ist der Versuch, genau das zu ändern – Räume zu schaffen, in denen Frauen sich gegenseitig bestärken.
Martina Haacke kennt diesen Weg. Als die Mitte 40-Jährige in Süddeutschland anfing, war sie eine der ersten Bauleiterinnen im Unternehmen, wechselte später in die kaufmännische Leitung. Seit einigen Jahren zieht es sie aber zurück auf die Baustelle. Haacke, die inzwischen Bereichsleiterin beim Unternehmen STRABAG ist, freut sich heute über junge Kolleginnen, die auf die zukommen sagen: „Das ist toll, was Du geschafft hast.“
Haacke weiß, was das bedeutet: Vorbilder schaffen Sichtbarkeit. „Ich glaube, das ist ein tolles Signal, wenn man eine Bereichsleiterin hat – das zeigt, dass wir weiterkommen.“
„Wir sind keine Ausnahme – wir sind der Anfang.“
Was bleibt nach diesem Abend? Ein Gefühl von Aufbruch. Ein Netzwerk, das wächst, weil Frauen es tragen. Und eine Erkenntnis, die über den Bau hinausweist: Veränderung braucht Perspektive.
Diese Perspektive gibt es übrigens auch auf Bundesbene. Denn auch dort gibt es ein Frauennetzwerk. Beim Kickoff vor gut zwei Jahren sagte Bauindustrie-Präsident Präsident Peter Hübner: „Wir sind fest davon überzeugt, dass eine stärkere Öffnung für weibliche Fach- und Führungskräfte kein kurzfristiger Trend, sondern eine absolute Notwendigkeit ist.“
Eine Teilnehmerin in Bremen formuliert es so: „Wir sind keine Ausnahme – wir sind der Anfang.“