Deutschland will die Energiewende – und bremst sich doch zu oft selbst. „Wir sind auch da geprägt von einer enormen Misstrauenskultur“, sagte Niedersachsens Ministerpräsident Olaf Lies auf dem Branchentag des Landesverbands Erneuerbare Energien in Niedersachsen. Fast 400 Gäste kamen in diesem Jahr dazu in den Kuppelsaal in Hannover.
Vergabeverfahren, Richtlinien, Zweifel – sie lähmen den Fortschritt. Gerade dort, wo Kommunen und Bürgerinnen und Bürger Veränderungen zuerst erleben, brauche es Vertrauen in die gemeinsame Umsetzung, meint Olaf Lies. Für ihn ist klar: „Die Antwort liegt nicht in mehr Erzeugung, mehr Speicher, mehr Netz. Sie liegt in der Verknüpfung dieser Aspekte miteinander und im systemischen Ansatz.
Energie, die lokal erzeugt wird, soll dabei auch vor Ort Nutzen bringen. Lies’ Leitmotiv: „Nutzen statt abregeln, muss die Antwort darauf sein.“ So entsteht Wertschöpfung vor Ort – und Akzeptanz, die trägt. „Warum, um Himmels willen, nutzen wir Energie, die wir vor Ort erzeugen könnten, nicht aus? Warum sorgen wir nicht dafür, dass vor Ort ein Mehrwert entsteht für die Bürger und für die Wirtschaft?“, fragt er.
Energiewende als Standortpolitik
Niedersachsen macht Tempo: Zum Ende des dritten Quartals verzeichnet das Land laut Lies 3,31 Gigawatt an neu genehmigter Leistung. Doch am Ende darf es nicht in die falsche Richtung laufen, oder wie Lies sagt: Es darf nicht zu viele Anträge ohne Systemnutzen geben. Es brauche klare Kriterien, die Projekte nach Systemdienlichkeit priorisieren.
Beim Branchentag ging Lies auch auf das Thema „Fake News“ ein. Polarisierung und Fehlinformation erschwerten die Transformation. „Die Menschen wollen, dass es warm ist und dass das Licht angeht. Die wollen nicht wissen, wie kompliziert es ist.“ Lies ruft deshalb alle gesellschaftlichen Akteure auf, Fakten klar zu erklären – gegen die „gleichen falschen Informationen“, die sich täglich wiederholten.
Die Energiewende ist für Lies vor allem Standortpolitik. „Wir machen Energiewende, damit wir die Chance haben, neue Technologien voranzubringen, zu investieren und Vorreiter zu sein.“ Erneuerbarer Strom sei „absolut wettbewerbsfähig“ – mit konsequenter Nutzung sogar „absolut günstig“. Voraussetzung: dass alle Zahnräder – Netz, Speicher, Markt – müssen ineinandergreifen.